Metadatenbearbeitung und Kartenerstellung beim Atlas der Schweiz
Einleitung
Der Atlas der Schweiz enthält topografische und thematische Daten von externen Dateneignern, welche in verschiedenen Kartendarstellungen für die Öffentlichkeit aufbereitet werden. Seit 1961 wird der Atlas der Schweiz in gedruckter Form, seit 2000 in digitaler Fassung am Institut für Kartografie und Geoinformation an der ETH Zürich erstellt. Die neueste Version, der Atlas der Schweiz – online, bezieht die Karten über das Web und zeigt sie auf einem virtuellen Globus. Die Karten umfassen Themen wie Natur und Umwelt, Gesellschaft, Geschichte, Politik, Wirtschaft, Verkehr und Freizeit.
Kartenredakteure des Atlas der Schweiz nutzen QGIS zur Verwaltung der Kartendaten und -metadaten. Mangels geeigneter Metadateneditoren und 3D-Kartenunterstützung in QGIS wurde für den Atlas der Schweiz ein eigenes QGIS-Plugin namens APS-Editor (AtlasPlattformSchweiz) erstellt. Der APS-Editor dient als Schnittstelle zwischen PostGIS-Datenbank, virtuellem Globus und GUI des Atlas. Dabei sind der auf osgEarth basierende Globus und das HTML-GUI über das Chromium Embedded Framework miteinander verbunden. Der APS-Editor erleichtert den Kartenredakteuren Daten aus PostGIS zu laden und zu bearbeiten, und sie als Vektor- und Rasterkacheln sowie als Metadatendateien für den Atlas bereitzustellen.
Mithilfe des APS-Editors ist es in QGIS möglich, die von den Dateneignern zur Verfügung gestellten Attribut- und Geometrietabellen (Vektor und Raster) in die atlasinterne PostGIS-Datenbank zu importieren. Danach können in Dialogfenstern des Editors Bedeutung, Einheiten und Zeitstände für Attributtabellenspalten und Rasterbänder spezifiziert werden (z.B. Bevölkerungsdichte in Personen/km² im Jahr 2000). Bedeutungen und Einheiten erscheinen mit den Attributwerten in der Objektabfrage im Atlas der Schweiz. Bei Geometrietabellen wird eine textuelle Beschreibung der Ausdehnung (z.B. Schweiz) und optional eine räumliche Hierarchiestufe festgelegt (z.B. Gemeinden Siedlungsgebiet). Bereichsausdehnungen und Zeitstände werden als Filteroptionen in der erweiterten Suche des Altas benötigt. Die Herkunft der Attribut- und Geometrietabellen wird in Form von Dateneigner (z.B. Bundesamt für Statistik) und Datenquelle (z.B. eine Webseiten-URL) vermerkt und als Metadaten im Atlas angezeigt.
Im nächsten Schritt können Kartenbearbeiter Attribut- und Geometrietabellen zu Layern verknüpfen. Die Layer werden anhand der zuvor eingegebenen Metadaten zeitlich, räumlich und thematisch im Atlas gruppiert. In einem layerspezifischen Dialog können Parameter für die Erstellung von Kacheln (z.B. maximale Objektanzahl pro Kachel) und zur Anzeige (z.B. Mindestabstand zur Kamera) im virtuellen Globus festgelegt werden. Ebenfalls wird ein Style pro Layer definiert, welcher einerseits zur Symbolisierung von Kartenobjekten dient, andererseits bei der Legende genutzt wird.
Atlaskarten bestehen aus einem oder mehreren Layern. In einem Dialog des APS-Editors können Kurz- und Langtitel sowie Thumbnails und Screenshots für die Karten angegeben werden. Langtitel und Thumbnails werden für die Schnellsuche im Atlas verwendet. Kurztitel und Screenshots kommen gemeinsam mit einer hierarchischen Themenkategorisierung bei der Startseite des Atlas der Schweiz zum Einsatz. Für Metadatenkataloge wie Geocat können ISO-Themen und -Status für die Karten ausgewählt werden. Infotexte und Multimediaelemente (Bilder, Audio, Video) werden als weiterführende Informationen zu einer Karte hinzugefügt. Besonders gestaltete oder aktuelle Karten können als Karte der Woche geplant und festgelegt werden. Ebenfalls können mithilfe des APS-Editors verwandte oder gut kombinierbare Karten assoziiert werden.
Zu jeder Zeit können Kartenredakteure Kacheln und Metadaten für den Atlas exportieren um sie dort zu begutachten. Vor der Publizierung einer Karte für die Öffentlichkeit prüft der APS-Editor die Metadaten auf Vollständigkeit und weist in den jeweiligen Dialogen allenfalls auf fehlende Einträge hin.
Abbildung 1: Der APS-Editor als Plugin in QGIS integriert (= grüne Umrandung). Zur Schnellwahl wurden verschiedene Knöpfe (Neu, Laden, Karte editieren, exportieren, schliessen und depublizieren) in die Werkzeugkästenleiste aufgenommen. Die Legende enthält Layer, Geometrie- und Attributtabellen mit unterschiedlichen Zeitständen zur Karte „Bevölkerungsdichte: Punktwolke“.
Der APS-Editor nutzt einige Schnittstellen der QGIS API, wie PostGIS-Tabellen als QgsVectorLayer und QgsRasterLayer laden und über QgsMapLayerRegistry verwalten, Legendeneinträge über QgsLayerTreeView gruppieren und über QgsMapCanvas auf Layer zoomen. Ausserdem wurden mit Aktionen verknüpfte Einträge den Legendenlayern (addLegendLayerAction), der Werkzeugkästenleiste (addToolBarWidget) und dem Menü (addPluginToMenu) hinzugefügt.
Der APS-Editor verwendet u.a. folgende Qt-Komponenten: Dialogfenster (QDialog) mit mehreren Reitern (QTabWidget) zur Unterteilung von Metadaten, Textfelder (QLineEdit, QPlainTextEdit) für Kartentitel und Notizen, Syntaxhervorhebung (QsciScintilla) für Layerparameter und -styles, Aufklappmenüs (QComboBox) für ISO-Themen und -Status, hierarchische Listen (QTreeWidget) für Kartenkategorien, Kalender (QCalenderWidget, QDateEdit) für die Karten der Woche und Webbrowserfenster (QWebView) zur Anzeige von Multimediaelementen. Zusätzlich wurden ein erweiterbares Aufklappmenü für Massstabszahlen und dynamische Listen u.a. zur Kontaktverwaltung implementiert.
Um den Kartenredakteuren Dateneingaben und -änderungen zu erleichtern, bietet der APS-Editor verschiedene Funktionen, z.B. Autovervollständigung von Übersetzungen, Verschmelzen von doppelten Datenbankeinträgen, Wiederverwendbarkeit, sicheres Löschen, schnelles Umbenennen und Suchen von Datenbankobjekten, sowie Validierung von Metadaten vor der Publizierung der Karte.
Weitere Funktionen konnten mithilfe von OpenSource Programmen realisiert werden: Import von Tabellen zu PostGIS mittels GDAL, Vektor- und Rasterkachelung sowie 3D-Kartensymbolisierung mit dem virtuellen Globus osgEarth, Erstellen von Karteninfotexten mit dem HTML-Editor CKEditor und Hinzufügen von Quellenangaben mit dem Zitationsprogramm Zotero.
Nach wie vor können die Redakteure beim Bearbeiten einer Karte von den QGIS Grundfunktionen profitieren, wie Attributtabelle öffnen, Kartendaten anzeigen, Objekte abfragen, Attribute und Geometrien editieren, und Geometrieoperationen ausführen.
Abbildung 2: Dialogfenster für die Karte „Bevölkerungsdichte: Punktwolke“. Zum Bearbeiten des dazugehörigen Infotextes wurde der HTML-Editor CKEditor in einen QWebView eingebettet. Textquellen aus dem Zitationsprogramm Zotero lassen per Drag&Drop mit dem Infotext verknüpfen. Autoren und Medien können per Autovervollständigung oder erweiterter Suche hinzugefügt werden.
Die Implementierungszeit des APS-Editors betrug ca. 12 Monate und er umfasst 20.000 Zeilen Python-Code. Der APS-Editor wird laufend verbessert und gewartet. Momentan wird der Metadateneditor von neun Personen produktiv verwendet. Die Erstellung einer neuen Atlaskarte beträgt je nach Komplexität ein Tag bis zwei Wochen. Da der APS-Editor sehr auf den Atlas der Schweiz zugeschnitten ist und eine gewisse Einarbeitungszeit zur Bedienung benötigt wird, ist er weder im QGIS-Pluginverzeichnis aufgeführt noch ist der Quellcode öffentlich zugänglich. Livedemonstrationen können auf Anfrage vereinbart werden.
Dank QGIS und des APS-Editors können Redakteure des Atlas der Schweiz zügig neue Karten erstellen oder bereits existierende bearbeiten. Sie profitieren dabei von der laufenden Weiterentwicklung von QGIS, den bestehenden Funktionen und der intuitiven Benutzeroberfläche. Bei der Entwicklung des APS-Editors waren die Anbindung zu PostGIS, der Qt-Designer zur schnellen Erstellung von Formularen und Dialogen und die Offenheit des Quellcodes entscheidende Faktoren. Bei Fragen und Fehlerberichten zeichnete sich die QGIS-Community stets durch zeitnahe und kompetente Antworten aus.
Abbildung 3: Die fertige Karte „Bevölkerungsdichte: Punktwolke“ im Atlas der Schweiz. Eine verkürzte Version des bearbeiteten Infotextes und ein Kartenmedium werden unterhalb des Kartentitels angezeigt. Zeitstände, Raumeinheit und Legende ergeben sich ebenfalls aus den Metadaten. Je höher die Bevölkerungsdichte, desto höher sind die Punkte im Globus in die Höhe versetzt.
Weiterführende Informationen
Zürich, 26.08.2016